Situation ist für die PatientInnen lebensgefährlich

Herr Oberarzt Dr. Meisermann hat engagiert die risikoreiche Situation von tief sedierten PatientInnen im OWS beschrieben. Das größte psychiatrische Krankenhaus Europas verfügt über keine psychiatrischen Intensivbetten. Intensivpflichtige psychiatrische PatientInnen mit Atem- bzw. Herz-Kreislaufproblemen müssen oft 1 – 2 Tage warten, bis sie auf ein Intensivbett im AKH aufgenommen werden können. Diese Situation ist für die PatientInnen lebensgefährlich und setzt das Personal enorm unter Druck.

Bereits seit 2003 ist dieser Missstand von den ÄrztInnen im Dienstweg immer wieder an die OWS-Leitung weiter gemeldet worden. Doch erst seit Beginn der

Untersuchungskommission werden zaghafte Versuche unternommen, die Situation zu verbessern. Es wurde begonnen, in Stützpunktnähe Überwachungsbetten einzurichten, so dass die tief sedierten PatientInnen zumindest mit Video überwacht werden können. Leider fehlt für diese Überwachungsbetten die entsprechende personelle Ausstattung, die sie erst zu Überwachungsbetten macht, bis heute. Der von PrimarPeter Fischer, Leiter der Psychiatrischen

Abteilung am SMZ-Ost beschriebene Mindeststandard für psychiatrische Abteilungen – Erreichbarkeit der Rufanlage für jede PatientIn, getrennt geschlechtliche Sanitäranlagen – ist im OWS bis heute nicht geboten.

Fischer verwies auch darauf, dass die Zahl der SozialarbeiterInnen und der PsychotherapeutInnen an allen psychiatrischen Abteilungen im KAV deutlich erhöht werden müsse, außerdem fehlten Wohnungen und Wohnplätze für ambulante psychiatrische KlientInnen.

Allein für die Leiterin der KAV-Rechtsabteilung – Frau Dr. Aulehla ist die psychiatrische Welt im KAV vollkommen in Ordnung. Laut eigener Definition, „werden alle Patientenrechte eingehalten“. Unterstützung fand Frau Aulehla in der positiven Beurteilung der Wiener Psychiatrie in Frau SPÖ-GR und Psychotherapeutin Ramskogler: „Es ist wissenschaftlich belegt, dass immer nur der Schuld an einem Suizide hat , der ihn begeht“ – so einfach kann man sich die Beurteilung komplexer Zusammenhänge und politischer Verantwortlichkeit offensichtlich machen.

„…Posten wurden mehrheitlich mit Medizinern ohne wesentliche Berufserfahrung besetzt…“

In einem Brief der Personalvertretung des Otto-Wagner-Spitals werden schwere Vorwürfe gegen die Leitung erhoben. Da ist die Rede davon, dass „absehbare Facharztengpässe in der Planung erst gar nicht berücksichtigt“ würden, von einem „hohen Sicherheitsrisiko“ wegen des Einsatzes von Ärzten ohne Berufserfahrung und Vielem mehr. Der an dieser Stelle bisher veröffentlichte Brief wurde nicht an die Generaldirektion weitergeleitet, sondern eine leicht geänderte Version an die ärztliche Direktorin des OWS, Frau Dr. Kalousek, weitergegeben.

Soll das der Wahrheitfindung dienen?

Die SPÖ Fraktion hat den Psychiater Dr. Rudas vor die Untersuchungskommission geladen. Das Interesse der roten Kommissionsmitglieder galt aber keineswegs der Aufklärung von Missständen in der ambulanten Betreuung durch den Psychosozialen Dienst, dessen Chefarzt Rudas ist: juristische Tricks sollen die Präsidentin des PSD (das ist die jeweilig amtierende Gesundheitsstadträtin) davor bewahren, sich für Versäumnisse und Defizite in ihrer Veratwortung für den PSD rechtfertigen zu müssen.

Um den heißen Brei herum geredet

So war Rudas eingeladen, statt zu seiner konkreten Tätigkeit im PSD mehr als zwei Stunden lang über die Leistungen der Psychiatrie in Wien im allgemeinen zu referieren. Er sprach ausführlich von den bahnbrechenden Erfolgen der Psychiatriereform und präsentierte sogar einschlägige lobende Artikel aus deutschen Qualtitätszeitungen. Die Sache hat nur einen kleinen Haken: die Verdienste um die Wiener Psychiatrie sind so angejahrt, wie die Pressemeldungen, die uns beeindrucken sollten: mehr als dreissig Jahre!

Wie ist es um eine Stadtregierung bestellt, die es nötig hat, die Lorbeeren der Großväter als heutige Leistungen zu verkaufen?Aus dem aktuellen Jahrtausend nämlich konnte Rudas von keinen bahnbrechenden Reformen in der Wiener Psychiatrie berichten –zu den konkreten Vorwürfen gegen den PSD wollte er schon garnichts sagen.

Mit Betroffen wird nicht gesprochen, sie sollen therapiert werden

Nicht nur das: Frau Mag. A, deren Schwester 2005 durch Suzid ums Leben gekommen ist und die damals angesichts der drohenden Lebensgefahr beim PSD Notdienst vergeblich um sofortige Hilfe für die Kranke gefleht hatte, wollte mit dem Chefarzt im Vorfeld zur seiner Einvernahme vor der Kommission ein Gespräch führen. Er sollte den Fragen der Grünen zur Rolle des PSD in diesem traurigen Fall informiert gegenübertreten.

Chefarzt Rudas gewährte Frau Mag. A. trotz mehrmaliger Anrufe keinen Termin in der Woche vor seiner Einvernahme. In der Untersuchungskommission von den Grünen dazu befragt, rechtfertigte er sich, dass die Besprechung mit der Angehörigen „therapeutischen“ Charakter hätte und nichts mit der Politik zu tun haben dürfe. Offensichtlich unterstellt er , dass die Betroffene, im übrigen Juristin von Beruf, eine „Therapie“ wünschen oder brauchen würde: In dem Gespräch, das nun für die nächste Woche anberaumt ist, wird es aber, so Frau Mag. A ausschließlich um die Frage gehen, wie sich der PSD gegenüber den Vorwürfen, sein Notdienst hätte durch Fehleinschätzung und Untätigkeit den Tod der Schwester mitverschuldet, verantworten wird. Eine Vereinnahmung durch Rudas als therapiebedürftige Klientin wird die Juristin nicht zulassen.

Psychisch kranke Kinder in Not!

Herr Univ.Prof. Dr. Max Friedrich hat in seiner eindrucksvollen Zeugenaussage am vergangenen Freitag schonungslos aufgezeigt, dass Kindern und Jugendlichen in Wien vorenthalten wird, was in Deutschland und in der Schweiz längst zum Standard in der Medizin gehört:

Im AKH liegen Kinder wochenlang in teuren Spitalsbetten, obwohl sie längst entlassen werden könnten, nur deshalb, weil es zu wenig Ressourcen für die Nachbetreuung gibt. Manche der Kleinen müssen schlußendlich, so Friedrich, in Sozialpädagogische Einrichtungen nach Oberösterreich „ausgelagert“ werden.

Außerdem müssen mehr als hundert Kinder und Jugendliche bei einer Akuterkrankung in die Erwachsenenpsychiatrie, vorallem ins OWS transferiert werden, weil es in den Kinderabteilungen am Rosenhügel und im AKH für sie kein Bett gibt. Ein traumatischer Schock kann die Folge für die Kleinen sein, so der Kinderpsychiater.

Die Personalaustattung im AKH ist seit vielen Jahren mangelhaft, es fehlen 32 Personen. Alle Apoelle und Forderungen verhallten im vergangenen Jahrzehnt ungehört.

Friedrich hat eine klare Antwort auf die Frage der Grünen wer schuld ist: die politisch verantwortlichen GesundheitsstadträtInnen der letzten Jahre und Bürgermeister Häupl.

Wer nichts weiss, muss alles glauben.

Wir haben viel zuwenig tagesklinische Betten, sagt Herr Prof. Wancata in seinem Vortrag zur Versorgungssituation in der Wiener Psychiatrie. Es fehlt außerdem an aussagekräftiger Forschung, die es ermöglichen würde, wichtige Fragen zu beurteilen.
So hat sich die Fachwelt in den vergangenen Jahren unter anderem um die Bewertung herumgedrückt, ob Netzbetten ein zumutbares und geeignetes Mittel sind, notwendige Beschränkungen vorzunehmen. Man weiß viel zuwenig darüber, wie PatientInnen die unterschiedlichen Beschränkungsformen (Gurten, Netzbetten geschlossene Zimmer) hält Frau Prof Gutierrez-Lobos in ihrem Referat fest.
Was sie selbst fachlich von Netzbetten hält, wollte oder konnte sie nicht sagen. Nur soviel: sie persönlich würde sich weder mit Gurten, noch mit Netzbetten oder im Zimmer beschränken lassen wollen.

In Bezug auf die Rolle der Angehörigen haben sich beide Fachleute aber sehr klar und unmissverständlich geäußert: ihnen kommt in der Versorgung eine zentrale und verantwortungsvolle Rolle zu. Ihre Leistung wertzuschätzen und ihre Stimme zu hören, ist in einer modernen Psychiatrie daher unverzichtbar.

Die konkrete Frage, ob die Angehörigenorganisation HPE daher in der Untersuchungskommission zu Wort kommen sollte, beantworteten die beiden sachverständigen Zeugen daher mit einem unmissverständlichen „Ja“.

Die SPÖ wird sich angesichts dieser klaren Positionen gründlich überlegen müssen, ob sie mit ihrer undemokratischen Ablehnung HPE (Angehörigenorganisation) zu hören, auch weiterhin den Betroffenen Schweigen verordnen und Ausgrenzung zumuten kann.

Schmuddel-Ecken der Psychiatrie

Niemand möchte sich gerne in die Schmuddel Ecken hineinschauen lassen, meinte Herr Prof . Salize auf meine Frage, in welchen europäischen Ländern noch Netzbetten verwendet würden. Auch von Österreich hätte er nicht gedacht, dass diese Form der Freiheitsbeschränkung verwendet würde. Wo also sonst noch Netzbetten verwendet werden, blieb im Dunkel. Prof. Salize beschränkte sich in seinem Vortrag über die Versorgungsstandards in Europa im Wesentlichen auf die statistischen Zahlen. Eine Interpretation wollte er nicht geben: Ist es gut, wenn es ein großes stationäres Angebot gibt? Ist es besser, wenn die ambulante Versorgung im Vordergrund steht? Der Soziologe betonte, dass es hinsichtlich der Standards in Europa keine gesicherte Basis gibt und er daher nicht werten könne.

Kinderpsychiatrie in Not

Frau Dr. Moritz, Gesundheit Österreich, machte klar, dass die Versorgung von Kindern mit psychiatrischer Betreuung in Österreich, auch in Wien, mangelhaft ist. Ein Ausbau der Betten , der Psychotherapie und therapeutischer Wohnformen ist längst überfällig.

Psychosozialer Dienst Wien (PSD) – schwarzer Fleck auf der Versorgungslandkarte

Viele, der heute noch bestehenden Mängel in der psychiatrischen Versorgung von Erwachsenen und Kindern, sind bereits seit einer vom ÖBIG 2002 durchgeführten Ist-Stands-Analyse den Stadträtinnen bekannt. Da die Mängelliste lang und der politische Handlungsbedarf daher hoch war, wurde sie schubladisiert. Ein besonders schwarzer Fleck auf der Versorgungslandkarte war auch bereits 2002 der PSD. Zu den meisten, in der IST-Stands-Analyse abgefragten Daten, gab es vom PSD keine Auskunft. Dieser bis heute andauernde Mangel an Transparenz und die Weigerung der SPÖ die Arbeit des PSD in der Untersuchungskommission beleuchten zu lassen, läßt vermuten, dass die SPÖ auch im ambulanten Versorgungsbereich vieles zu verbergen hat.

Sigrid Pilz

Die politische Verantwortung steht im Zentrum

Verfassungsrechtler Prof.Mayer hat heute klar gelegt, dass die politisch Verantwortlichen im Zentrum der Untersuchungskommission stehen müssen. Also: was haben Stadträtin Wehsely und ihre Amtsvorgängerinnen Brauner und Pittermann über die Misstände in der Psychiatrie gewusst? Und haben sie etwas unternommen, um diese abzustellen? Frau Wehsely wird also unter Wahrheitspflicht in der Untersuchungskommission aussagen müssen, warum sie  am 24.1.08 auf die entsprechende grüne dringliche Anfrage im Gemeinderat: „Sind Menschen im Rahmen von freiheitsbeschränkende Maßnahmen zu Schaden gekommen?“ ausdrücklich in Abrede gestellt hat, dass es zu gravierenden Verletzungen gekommen wäre. Sie sprach lediglich von „….körperlichen Beeinträchtigungen im Zuge der Abwehr beim Anlegen von Fixierungen“. Man erinnere sich: eine suizidale Patientin verbrannte zu mehr als 30 Prozent, weil sie fixiert an ein Feuerzeug gelangt war und die Fesseln aufbrennen wollte. Frau Wehsely wird erklären müssen, ob sie davon nichts gewusst hat – was auf Führungsschwäche schließen lässt –  oder ob sie den schrecklichen Unfall  bewusst verschwiegen hat. Beide Möglichkeiten lassen besorgniserregende Schlüsse auf ihre politische Verantwortung zu.

Weitere Feststellungen Mayers:

Alle ZeugInnen, die zur Fragestellung der politischen Verantwortung  Erhellendes beitragen können, können auch geladen werden. Wenn es sich dabei um PatientInnen oder Angehörige handelt, ist lediglich bedeutsam, ob sie wahrnehmungsfähig und aussagefähig sind.

Die SPÖ- Versuche, den PSD aus der Untersuchung auszunehmen, sind ebenfalls gescheitert: da die jeweilige Gesundheitsstadträtin immer auch Präsidentin des PSD ist, muss sie sich auch in der Untersuchungskommission für diese Aufgabe politisch verantworten. Alle Beweise und ZeugInnen, die zur Beurteilung dieser Verantwortung nötig sind, sind daher in der  Untersuchungskommission zulässig.

Die SPÖ brüskiert die Selbsthilfegruppen

Die SPÖ zeigt weiterhin, was sie von BürgerInnenbeteiligung hält: der Grüne Antrag, den stellvertretenden Vorsitzenden  der HPE (Angehörigenvertretung) zu laden, wurde kaltschnäuzig abgelehnt. Man will sich auch  weiterhin nicht mit den Erfahrungen der Menschen in der Psychiatrie, deren Angehörigen aber auch nicht mit deren Interessensvertretungen konfrontieren. Diese Abwehrhaltung der SPÖ ist umso unverständlicher, da bislang alle ExpertInnen – heute zuletzt Herr Doz. Schöny (ärztlicher Leiter der Nervenklinik Wagner-Jauregg/Linz) – die Anhörung von PatientInnen- und AngehörigenvertreterInnen dringend empfohlen haben. In Oberösterreich sind PatientInnen und- Angehörigenvertretungen in den Diskussions- und Entscheidungsprozess zur Planung und Gestaltung von psychiatrischen Einrichtungen fix eingebunden.

Herr Doz. Schöny stellte auch unmissverständlich klar, dass er den Einsatz von Netzbetten in der Psychiatrie ablehnt (in Linz wurden sie vor mehr als 40 Jahren abgeschafft) und dass Netzbetten in keinem Teil der zivilisierten Welt mehr im Einsatz sind.

Auch Doz. Schöny bekräftigte, dass es zu einer Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung nur kommen kann, wenn der stationäre und ambulante Bereich gemeinsam untersucht werden. Er zeigte sich überzeugt, dass die alleinige Bearbeitung der Situation der stationären Psychiatrie keinen Sinn macht.

Sigrid Pilz

Nagelprobe für SPÖ und Wehsely

Dritte Sitzung heute! Empörend: die SPÖ will immer noch verhindern, dass Ex-PatientInnen oder ihre rechtlichen VertreterInnen aussagen. Dabei hat heute sogar Univ. Prof. Dr. Alfred Pritz von der Sigmund-Freud-Privat-Universität dezidiert empfohlen, sie aussagen zu lassen. Und zwar in einem nicht-öffentlichen, geschützten Raum.

“ Es darf nicht ÜBER PatientInnen gesprochen werden, sondern MIT ihnen“ (Univ. Prof. Dr. Alfred Pritz in der heutigen Sitzung)

Wehsely handelt nach dem Motto, einmal psychisch krank, immer psychisch krank

Mit der doppelbödigen Strategie, angeblich PatientInneninteressen schützen zu wollen, spricht Wehsely ehemals psychisch erkrankten Menschen deren Persönlichkeitsrechte ab. Sie hält die Menschen offensichtlich weder für glaubwürdig, noch fähig Zeugnis für sich selbst abzulegen. Diese Haltung ist für die betroffenen Menschen entwürdigend und stigmatisierend. Früher hat man psychisch erkrankte Menschen im Narrenturm weggesperrt, heute erklärt sie die SPÖ lebenslang zu unheilbaren, entrechteten Kranken.

KAV verweigert Dokumente

Mit der Vorgangsweise des KAV, zu den bekannt gewordenen Missständen die entsprechenden Dokumente zu verweigern, missbraucht der KAV den Datenschutz, um das eigene Versagen nicht offenlegen zu müssen. Es hindert den KAV niemand daran, die Daten in anonymisierter Form vorzulegen. Wir fordern die SPÖ auf, ehemaligen PsychiatriepatientInnen nicht ihrer Grundrechte zu berauben und durch die Vorlage der entsprechenden Dokumente Verantwortung zu zeigen.

Wir lassen nicht locker

Wir beantragen jedenfalls heute, dass KAV und Stadt Wien Unterlagen bezüglich eines Falles aus dem Jahr 2003 vorlegen. Damals war ein Patient von einem anderen Patienten angezündet und schwer verletzt worden. Der damalige Patient ist heute gesund und möchte vor der Kommission aussagen.

Ich habe noch nie ein Netzbett gesehen,

sagt Herr Prof. Hartmann Hinterhuber, der Vorstand der Innsbrucker Psychiatrie, der auf Ladung der SPÖ heute in der Untersuchungskommission befragt wurde.  Es gibt in der medizinischen Uniklinik eigene kleine Stationen, so der Psychiatriechef, die als geschlossene Einrichtungen geführt sind. Wenn jemand sich oder andere gefährdet, kann er/sie dort für eine bestimmte Zeit untergebracht werden, dadurch sind Netzbetten völlig überflüssig. In diesen nach Geschlechtern getrennten  Bereichen  gibt es viel Platz, Wohnlichkeit und vor allem Respekt für die PatientInnen, führte der Sachverständige aus.

Er sprach sich daher aus fachlichen Gründen ausdrücklich gegen den Einsatz von Netzbetten aus und betonte, dass man in seiner Klinik auch bei Fixierungen darauf achten würde, so selten und so kurz wie möglich PatientInnen in ihrer Freiheit zu beschränken. Wichtig sei, zuvor alle  Deeskalierungsmaßnahmen zu setzen.  Zur tristen räumlichen Situation in der Mehrzahl der Pavillons im OWS – Frauen und Männer in den selben Stationen sind gezwungen Bäder und Toiletten zu teilen – meinte Hinterhuber, dass der Anteil an  Frauen, die  sexuell traumatisiert sind, in der Psychiatrie besonders hoch sei. Wenn diese Patientinnen nun auf der Station unter anderem mit manischen Männern über Wochen zusammen leben müßten, würde sich diese aufgezwungene Nähe zu distanzlosen Kranken wiederum traumatisierend auf sie auswirken. Konkret nach Gesundheitsfolgen befragt, meinte der Psychiater, dass es zu befürchten sei, dass die betroffenen Frauen möglicherweise  eine nächstfolgende Aufnahme aufgrund dieser schlechten Erfahrungen verweigern würden, was für ihre Gesundheit von Nachteil wäre.

Im Vorfeld der Befragung des Psychiaters zeigte die SPÖ ein weiteres Mal, was sie von Aufklärung und Transparenz hält: alle Anträge der Grünen und der ÖVP zur Vorlage von Dokumenten wurden abgeschmettert. In der Begründung tut man sich mittlerweile schon sehr schwer, zumal die SPÖ  im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Misständen in den Ministerien, ihrerseits lückenlose Vorlage aller Dokumente beantragt hat. Angesichts dieses Erklärungsnotstands verstieg sich Gemeinderat Hora in eine besonders originelle Begründung für die Ablehnung: Hora sinngemäß: Man wolle seitens der SPÖ  unnötige Papierflut vermeiden und wundere sich, dass die grüne ÖKO Partei  mit ihren Anträgen derartige Umweltbelastungen provoziere….

Sigrid Pilz

Verhindern-Verschieben -Verschweigen

Die heutige Start-Sitzung der Untersuchungskommission hat die Strategie der SPÖ Fraktion offen gelegt: mit allen Mitteln und Tricks soll die Aufarbeitung der Vorwürfe im Psychiatrie-Skandal behindert werden.

Verhindern:

Grüne und ÖVP beantragten heute  die Vorlage von Dokumenten aus dem PSD (Psychosozialer Dienst). Die SPÖ lehnte ab mit dem fragwürdigen Argument, man müsse erst prüfen, ob der PSD im „Wirkungsbereich der Gemeinde Wien“ angesiedelt wäre. So ist das also: Die jeweils amtierende Gesundheitsstadträtin ist Präsidentin des PSD, der zur Gänze aus Mitteln der Stadt finanziert wird und in dessen Vorstand GemeinderätInnen sitzen und nun will man seitens der SPÖ erst von Verfassungsexperten Herrn Prof. Mayer prüfen lassen, ob man überhaupt zuständig sei! Offensichtlich will die rote Fraktion versuchen, den Antrag auf Einsetzung der Untersuchungskommission, der unter anderem  den PSD zu Prüfungsgegenstand hat, auf diese Weise zu unterlaufen. Die Grünen nehmen diese undemokratische Vorgangsweise nicht hin und ersuchten den Vorsitz um rechtliche Klärung dieser Frage bis zur nächsten Sitzung. Auf das Gutachten des Herrn Prof. Mayer darf in diesem Punkt nicht gewartet werden, die Klärung ist auf Magistrats-Ebene zu herbeizuführen. Da der Auftrag auf Prüfung auch im Hinblick auf den PSD bei Einsetzung der Untersuchungskommission erteilt worden war, wird sich gewiss herausstellen, dass die Durchleuchtung dieses gemeindeeigenen ambulanten Anbieters von Psychiatrie-Versorgung  nicht einmal durch Mehrheit zu verhindern sein wird.

Verschieben

Grüne und ÖVP beantragten die Ladung von Angehörigen, bzw. Anwälten, die Auskunft geben können über negative  Erfahrungen und Leidensgeschichten von PatientInnen, insbesondere im Otto Wagner Spital  (OWS ). Seitens der SPÖ wurden diese Anträge verschoben, mit dem Hinweis, dass man verhindern sollte, dass PatientInnen-Daten  öffentlich würden. Die Begründung ist nicht stichhaltig: seitens der Grünen wurden ausschließlich ZeugInnen vorgeschlagen, die sich ausdrücklich für eine öffentliche Kritik der Zustände, die sie erlebt haben,  bereit erklärt hatten. Die Argumentation der SPÖ lässt den Betroffenen außerdem  keinen Spielraum für eigene, mündige Entscheidungen. So hat die junge Frau, die im OWS Brandverletzungen erlitten hatte, ihren Anwalt ganz ausdrücklich ermächtigt, ihre Sache öffentlich und gegenüber der Untersuchungskommission zu vertreten. Andere PatientInnen haben sich in Selbsthilfegruppen organisiert. Soll diesen AktivistInnen etwa auch ein Maulkorb umgehängt werden? Es kann nicht hingenommen werden, dass die SPÖ mit dem Verweis auf die psychische Erkrankung der Menschen, den Betroffenen jedes Recht abspricht, in der politischen Debatte um die Psychiatrie in Wien, ihre Standpunkte und Erfahrungen einzubringen!

Verschweigen

Grüne und ÖVP beantragten die Vorlage von internen Dokumenten aus den Krankenhäusern und dem PSD, die belegen sollen, wer zu welchem Zeitpunkt von den Missständen, der Personalnot und der fehlenden medizinischen Ausstattung insbesondere im Otto Wagner Spital gewusst hat. Wiederum lehnte die SPÖ rundweg ab: Begründung: mit derartigen „Wagenladungen von Papier, würde die Kommission zugeschüttet! Man könne ja ohnehin anlässlich konkreter Zeugenladungen konkrete Dokumente anfordern.“ Offenbar ist die Mehrheitsfraktion nicht interessiert, schwarz auf weiß zu lesen, wie sehr und wie eindringlich das Personal seit Jahren über die Mangelausstattung klagt und dass die Vorgesetzten und die verantwortliche Politik darüber Bescheid wissen mussten. Die Anträge, einschlägige Dokumente vorzulegen, werden seitens der Grünen jedenfalls neuerlich eingebracht.
Sigrid Pilz