Die heutige Start-Sitzung der Untersuchungskommission hat die Strategie der SPÖ Fraktion offen gelegt: mit allen Mitteln und Tricks soll die Aufarbeitung der Vorwürfe im Psychiatrie-Skandal behindert werden.
Verhindern:
Grüne und ÖVP beantragten heute die Vorlage von Dokumenten aus dem PSD (Psychosozialer Dienst). Die SPÖ lehnte ab mit dem fragwürdigen Argument, man müsse erst prüfen, ob der PSD im „Wirkungsbereich der Gemeinde Wien“ angesiedelt wäre. So ist das also: Die jeweils amtierende Gesundheitsstadträtin ist Präsidentin des PSD, der zur Gänze aus Mitteln der Stadt finanziert wird und in dessen Vorstand GemeinderätInnen sitzen und nun will man seitens der SPÖ erst von Verfassungsexperten Herrn Prof. Mayer prüfen lassen, ob man überhaupt zuständig sei! Offensichtlich will die rote Fraktion versuchen, den Antrag auf Einsetzung der Untersuchungskommission, der unter anderem den PSD zu Prüfungsgegenstand hat, auf diese Weise zu unterlaufen. Die Grünen nehmen diese undemokratische Vorgangsweise nicht hin und ersuchten den Vorsitz um rechtliche Klärung dieser Frage bis zur nächsten Sitzung. Auf das Gutachten des Herrn Prof. Mayer darf in diesem Punkt nicht gewartet werden, die Klärung ist auf Magistrats-Ebene zu herbeizuführen. Da der Auftrag auf Prüfung auch im Hinblick auf den PSD bei Einsetzung der Untersuchungskommission erteilt worden war, wird sich gewiss herausstellen, dass die Durchleuchtung dieses gemeindeeigenen ambulanten Anbieters von Psychiatrie-Versorgung nicht einmal durch Mehrheit zu verhindern sein wird.
Verschieben
Grüne und ÖVP beantragten die Ladung von Angehörigen, bzw. Anwälten, die Auskunft geben können über negative Erfahrungen und Leidensgeschichten von PatientInnen, insbesondere im Otto Wagner Spital (OWS ). Seitens der SPÖ wurden diese Anträge verschoben, mit dem Hinweis, dass man verhindern sollte, dass PatientInnen-Daten öffentlich würden. Die Begründung ist nicht stichhaltig: seitens der Grünen wurden ausschließlich ZeugInnen vorgeschlagen, die sich ausdrücklich für eine öffentliche Kritik der Zustände, die sie erlebt haben, bereit erklärt hatten. Die Argumentation der SPÖ lässt den Betroffenen außerdem keinen Spielraum für eigene, mündige Entscheidungen. So hat die junge Frau, die im OWS Brandverletzungen erlitten hatte, ihren Anwalt ganz ausdrücklich ermächtigt, ihre Sache öffentlich und gegenüber der Untersuchungskommission zu vertreten. Andere PatientInnen haben sich in Selbsthilfegruppen organisiert. Soll diesen AktivistInnen etwa auch ein Maulkorb umgehängt werden? Es kann nicht hingenommen werden, dass die SPÖ mit dem Verweis auf die psychische Erkrankung der Menschen, den Betroffenen jedes Recht abspricht, in der politischen Debatte um die Psychiatrie in Wien, ihre Standpunkte und Erfahrungen einzubringen!
Verschweigen
Grüne und ÖVP beantragten die Vorlage von internen Dokumenten aus den Krankenhäusern und dem PSD, die belegen sollen, wer zu welchem Zeitpunkt von den Missständen, der Personalnot und der fehlenden medizinischen Ausstattung insbesondere im Otto Wagner Spital gewusst hat. Wiederum lehnte die SPÖ rundweg ab: Begründung: mit derartigen „Wagenladungen von Papier, würde die Kommission zugeschüttet! Man könne ja ohnehin anlässlich konkreter Zeugenladungen konkrete Dokumente anfordern.“ Offenbar ist die Mehrheitsfraktion nicht interessiert, schwarz auf weiß zu lesen, wie sehr und wie eindringlich das Personal seit Jahren über die Mangelausstattung klagt und dass die Vorgesetzten und die verantwortliche Politik darüber Bescheid wissen mussten. Die Anträge, einschlägige Dokumente vorzulegen, werden seitens der Grünen jedenfalls neuerlich eingebracht.
Sigrid Pilz
März 25, 2008
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